Monthy Python For A Day: Herrn Stumpfes Zieh und Zupf Kapelle

Ende November, Ortstermin in der gar nicht so geheimen Bathöhle der Stumpfes in der Aalener City. Dienstags ist da Stumpfes-Tag, d.h. da sind sie alle im Haus der Stumpfes und regeln die Geschäfte. Dieser Tage machen die 20-Jahres-Feier an Sylvester und die neue CD eine Menge Arbeit, es wollen tausende von Fotos gesichtet werden und auch während des Interviews rufen ständig wichtige Leute an, werden aktuelle Mails rein gereicht und Preise für dieses und jenes verglichen - Bienenstock ist nix dagegen. Beim ungezwungenen Gespräch unterm Dach wird dann jede Menge gelacht, gekalauert und gerne in Richtung Film gefachsimpelt - schee wars; also nicht nur das Interview, auch die seitherige Karriere des Quartetts. Da hätte es Gesprächsstoff für Tage gegeben, aber wir haben hier ja nur begrenzt Platz.
Es treten auf: Manfred „Manne“ Arold (M), Michael „Flex“ Flechsler (F), Marcel „Selle“ Hafner (S) und Benny „Banano“ Jäger (B). NATÜRLICH wurde das Gespräch auf Schwäbisch geführt (soweit der Verfasser dieser Zeilen dem mächtig ist); es wird hier aber aus Gründen der „Barrierefreiheit“ hochdeutsch wiedergegeben.

XAVER: Die CD, an der Ihr gerade feilt, ist die zum 20jährigen Jubiläum, die aufgrund der Faneinsendungen in Sachen Lieblingshits zusammengestellt wurde. Die Top 20 also?

F: Ja, genau, 20 Lieder aus zwanzig Jahren und die gibt’s dann ganz normal über unseren Vertrieb, die Homepage und natürlich bei den Konzerten.
X: Wurden diese Songs dann noch mal neu eingespielt oder wurden die ursprünglichen Aufnahmen remastert?

M: Wir haben sie remastert, wir waren faul (lacht).
X: Und sind die dann chronologisch geordnet?

F: Nein, wir haben die Lieder in eine neue Reihenfolge gebracht, so wie wir sie eben angenehm hören können.
M: Schon bei der Auswahl sind wir fast verrückt geworden. Wir haben so viele Zusendungen bekommen, es war schon schwierig, das alles unter einen Hut zu bekommen, da haben wir schwer gekämpft!
S: Die Top 3 war relativ schnell klar, aber bei so vielen Einsendungen war’s dann schon schwer.
M: Schön war aber auch, dass zu so gut wie jedem Lied, das wir je aufgenommen haben, auch Meldungen kamen, dass das also das Lieblingslied von irgendjemandem ist, das fand ich super.
X: Waren denn auch große Überraschungen für Euch dabei, also oft gewünschte Songs, die Ihr vielleicht gar nicht so auf dem Zettel hattet?

S: Ja, solche waren auch dabei. „Shuk Mi“ z.B. war ein guter Song, den hätten wir aber weiter hinten erwartet.
M: Den haben wir dann aber noch mal angehört und dann festgestellt, stimmt, der ist schon gut (allgemeines Gelächter).
S: Man hört die eigenen CDs, wenn sie denn erst mal gemacht sind, dann aber auch eher selten.
X: Könnt Ihr Euch noch an die Anfangstage erinnern, als noch nicht alles so eingespielt war mit eigenem Team und ständig ausverkauften Shows?

M: Ja, wie war das am Anfang, pfffff (überlegt). Wenn man das denn noch so wüsste.
F: Da waren die Shows aber auch schon ausverkauft, weil wir immer auf Geburtstagen gespielt haben, die waren immer voll.
M: Wir haben anfangs aber tatsächlich in ganz kleinem Rahmen gespielt und hatten einfach das Glück, dass das tierisch gut angekommen ist. Und dann waren immer Leute unter den Zuhörern, die uns dann für weitere Konzerte gebucht haben. Und so hat sich das dann immer weiter verbreitet, mehr oder weniger als Selbstläufer.
S: Das ist alles langsam gewachsen.
M: Wir mussten nie rausgehen und aktiv an die Leute herantreten, sondern es kamen immer Anfragen rein.
X: Aber Ihr habt doch bestimmt auch mal hier und da Enttäuschungen erlebt?

F: Kaufbeuren! (großes, zustimmendes Gemurmel setzt ein)
B: Und das war auch noch eine Eigenveranstaltung!
M: Und Ulm-Vöhringen! Da haben wir auch selbst ein altes Kino angemietet.
B: Da wollten wir vielleicht zu schnell und zu früh zu hoch hinaus.
S: Es waren jedenfalls außer uns gerade mal acht Leute da, wir haben dann im Foyer gespielt.
M: War aber ein guter Auftritt; die Leute, die da waren, waren hin und weg.
B: Das war dann eben unplugged, wie ein Straßenkonzert.
X: Wenn Ihr jetzt Euer 20jähriges feiert, dann war also 1991 Euer Gründungsjahr - was assoziiert Ihr damit und der Zeit abseits Eurer Bandgründung, was ist Euch in Erinnerung geblieben?

F: Naja, das eigentliche erste Bandjahr war 1992; Sylvester 1991 war das erste Konzert, bei dem ich mitgespielt habe und dann ging’s 1992 also erst los. 1991 war ja noch der Buddha Ziegelbauer dabei, das war toll. Und 1992 waren wir ja auch noch zu fünft unterwegs, mit dem Stefan.
M: Wir haben in der Rückschau mal festgestellt, dass 1991 so ’ne Art Schicksalsjahr war. Da ist viel passiert, viele Umbrüche. Das Aalener Theater wurde gegründet, ebenso das Jazzfest und auch viele andere Bands.
B: Das Jazzfest wurde eigentlich auch wegen uns gegründet, so quasi als Gegenbewegung (schallendes Gelächter).
X: Der zweite Golfkrieg und somit kein Karneval in Deutschland!

B: Was aber für uns auch nicht relevant war, weil wir am Karneval grundsätzlich nie spielen.
X: Es sind auch viele tolle Leute gestorben: Miles Davis, Klaus Kinski, Freddie Mercury...

M: Der Kinski wurde doch, glaub’ ich, von Maya umgebracht.
X: Hatte das was mit dem Fitzcarraldo-Schiff zu tun? Ich hätte ja eher auf Werner Herzog getippt! (Gelächter)

M: Der hat sich ja nicht getraut und bloß ’ne Pistole gekauft!
X: Gab’s denn in den 20 Jahren auch mal Zeiten, wo Ihr Euch gedacht habt, das war’s jetzt, jetzt ist gut, wir machen den Laden zu?

F: Man erinnert sich ja normalerweise besonders gut an schlechte Sachen, aber ich kann mich da an nichts erinnern (zustimmendes Gemurmel im Rund).
B: Wir haben uns nach dem Tief mit dem Herrn Stumpf, als wir den entlassen haben, gesagt, dass uns so was nie wieder passieren darf. Wir haben da ziemlich lange Sachen geschluckt und nicht gesagt, wie es uns geht und nicht miteinander gesprochen. Und das haben wir seither auch geschafft!
X: Wenn es also Probleme gibt, dann besprecht Ihr das gleich im Team?

B: Ach, ein bisschen drüber schlafen ist immer gut.
M: Eben, es hat nämlich auch Vorteile, wenn man schon 20 Jahre zusammen ist. Man weiß ungefähr, wie jeder so tickt, und kann somit auch in schwierigen Situationen gut miteinander umgehen.
F: Man weiß aber auch, wie man denn anderen ärgern kann.
S: Und man weiß, wenn man in die Wunde reinlangt, dann ist das nicht so gut! (Gelächter)
X: Die Silvestershow in der Aalener Stadthalle wird bestimmt keine normale Show, vermute ich mal. Wollt Ihr denn schon ein paar Details rauslassen?

M: Wir können, glaub’ ich, noch gar nicht so arg viel verraten, weil wir noch gar nicht so arg viel wissen!
B: Doch, doch!
F: Es soll schon durch die Jahre gehen, in drei
Blöcken. Also jeweils die Anfangs- und die Mittelphase, aber auch die Gegenwart und ein Ausblick in die Zukunft.
B: Wir spielen also Lieder, die wir gar nicht kennen!
F: Und aus der Zeit werden dann auch entsprechende Lieder zum Vortrag kommen. Zum Teil werden die auch von Gästen interpretiert. Wir haben z.B. die Punkband The Higgins dabei, die eine Nummer spielen. Oder unsere Kinder covern eine Nummer. Diverse Musiker- und Künstlerkollegen werden Lieder spielen, zum Teil mit uns, zum Teil gegen uns. Und wir werden auch hier und da was spielen, wohl so drei Mal 20 Minuten.
B: Und durchs Programm führt, na?
X: Thomas Gottschalk und der Haribo-Goldbär?

B: Nein, aber auch eine Fernsehberühmtheit. Der Rockpalast-Interviewer, Albrecht Metzger!
M: Der ist auch Schwabe, wohnt zwar seit ewigen Zeiten in Berlin, aber er kommt!
F: Und am Schluss wird auch noch aufgelegt und das Tanzbein geschwungen.
X: Weil es grad hieß, dass Ihr noch gar nicht alles in trockenen Tüchern habt mit der Show - wie wichtig ist in Eurem Arbeiten die Spontaneität? Wenn Ihr ins Studio geht, ist dann alles schon in Stein gemetzt oder entsteht da noch viel beim Aufnehmen?

M: Leider haben wir gar nicht die Zeit für so arg viele spontane Aktionen. Das passiert schon auch mal, aber in dem Studio, wo wir aufnehmen, das kostet jetzt auch nicht nur 2,50 Euro am Tag.
F: Aber bei jeder Platte ist seither immer irgendwas, was dann ganz anders läuft, bei dem wir komplett andere Instrumente einsetzen.
B: „Fuchs du hast die Gans gestohlen“ ist auch kurzfristig im Studio entstanden!
S: Aber die Grundgerüste stehen schon.
F: Das eigentliche Komponieren passiert aber schon vorher auf unseren Exkursionen.
M: Genau, wir sind drei bis vier Mal im Jahr für eine Woche irgendwo in Klausur.
X: Und da ist dann alles möglich?

M: Ja klar, da muss alles möglich sein.
X: Wie qualifiziert sich denn ein Song als potentielles „Opfer“, so dass Ihr den überarbeitet und zu einem Stumpfes-Song macht? Nicht alle, aber doch viele Songs beruhen auf anderen, oft alten Songs - Ihr weist die Quellen aber in den CDs nicht aus. Macht Ihr Euch im Alltag Notizen und beratet dann in der Probe?

S: Man probiert so was auch oft erst mal daheim, ob’s überhaupt funktioniert. Manchmal glaubt man selbst auch gar nicht, dass es der Song auf die CD schafft. Bei „An was denksch du morgens“ war das z.B. so, dass ich es selbst zunächst gar nicht so stark fand, die anderen aber total begeistert waren.
X: Täusche ich mich, oder ist eine gewisse Reife nötig, müssen die Songs also ein gewisses Alter haben, denn so ganz aktuelle Sachen habt Ihr Euch, glaube ich, noch nicht vorgenommen, oder?

M: Hmm, das scheidet nicht von vornherein aus, aber es begegnet uns dann nicht so, dass es direkt klick machen würde. Oft beißt man sich mit einer guten Idee an einem Refrain fest...
S: Viele Sachen haben wir uns auch noch nicht getraut!
X: Ach? Gibt es also Songideen, die Ihr seit Jahren mit Euch herumschleppt?

M: Ja, das sind dann Sachen, die politisch nicht so korrekt sind. (Lachen)
F: Obwohl man ja mittlerweile Preise bekommt, wenn man solche Songs macht, Eminem z.B.!
X: Oder hier: Bushido und sein Bambi! Aber, halten wir fest: es gibt keine Methode, der Ansatz ist immer mal ein anderer.

X: Vorhin haben wir das Thema schon gestreift - bei der Jubiläumsshow werden auch Eure Kinder Interpretationen vortragen. Ihr habt alle Kinder - wie finden die denn die Band vom Papa?

M: Die hören natürlich auch viel anderes, aber die fanden es jetzt nie peinlich, was wir machen. Das fand ich immer beachtlich, ich dachte immer, dass mal so eine Phase kommt. Die hören das gern.
F: Die mögen es dann eher nicht, wenn man auf dem Plakat mit dick Lippenstift abgebildet ist!
S: Genau, meine Tochter fand das voll peinlich!
X: Aber man kennt das ja, Kinder haben gerne mal ’ne Phase, in der sie absichtlich Sachen hören, um die Eltern zu schocken und sich abzugrenzen.

B: Das geht ja heute fast nicht mehr!
X: Ja vielleicht grad noch mit so Sachen wie Böhse Onkelz etc.

B: Mich nervt’s dann eher, wenn die sich so Sachen wie „Germany’s Next Topmodel“ anschauen.
F: Mein Vater hat früher nie verstanden, dass ich lieber „Bonanza“ als die „Sportschau“ schauen wollte.
X: Und ich sag’ mir bei der „Sportschau“ heute, dass ich lieber „Bonanza“ sehen würde!

M: Da hast Du nun wieder recht! Vor kurzem mal wieder gesehen und man kann das Original nicht anschauen!
S: Aber im Radio ist es immer gut, wenn wir zu einer Show fahren!
X: „Wohl Wär“ heißt das aktuelle Album. Identität und Eventualitäten sind also ein Thema. Mit wem würdet Ihr denn jeweils gerne mal für einen Tag tauschen? (lange Pause und ebensolche Gesichter)

F: Ich möchte im Sommer mal einen Tag leitender Bademeister im Freibad sein und mir dort dann eine Bahn für mich ganz alleine absperren.
X: Du könntest doch einfach nachts einsteigen, da wärst Du dann ziemlich allein.

F: Nein, das ist dann Erschleichen von Leistungen und Landfriedensbruch - auch wenn man eine Dauerkarte hat! Ich kenn’ mich da aus! (Lachen) Die leihen Dir dann aber auch eine Taschenlampe, damit Du Deine Kleider wieder findest...
S: Bei mir wär’s wahrscheinlich irgendwas Historisches, Martin Luther oder Karl der Große; einfach um die Zeit mal zu erleben. Ansonsten hätte ich da keine großen Präferenzen.
M: So geht’s mir auch. Auf so was kann man ja eigentlich nur antworten, wenn man ein großes Vorbild oder so hat. Obwohl, wie wär’s mit Jesus an Ostersonntag? Mit dem Aufsteigen und so, das wär doch was!
S: Oder vielleicht Jimi Hendrix in seiner Todesnacht, weil ich hätte nicht gekotzt! (Gelächter)
F: Da hättest Du auch gekotzt, glaub’s mir!
S: Oder jemand in einer tollen Filmszene, die mir bloß gerade nicht einfällt!
F: Genau, John Cleese, wie er die Unterhose auf dem Kopf hat! (es folgt ein ausführliches gegenseitiges Zuspielen von Zitaten aus dem göttlichen Film „Ein Fisch namens Wanda“) Am liebsten wären wir also wohl einen Tag Monty Python!
X: Wie cool, das wär was. Ein Stumpfes-Film wär auch mal was!

S: Stimmt, einen Kurzfilm sollten wir zumindest hinkriegen!
X: Es bleibt spannend, auf die nächsten 20 Jahre!


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