Schaffe, schaffe, Panzer fahren! Sabaton

In den letzten Jahren haben es nicht viele Bands geschafft sich neu auf den Headliner-Positionen der Metal-Festivals zu etablieren, neben den Dänen von Volbeat, fällt da vielleicht noch der Name Powerwolf – und eben die Schweden Sabaton. Die haben es geschafft sich als eigene Marke zu etablieren, sowohl die Optik (Winter-Camouflage) als auch die Thematik (kriegerische Konflikte) sind annähernd Alleinstellungsmerkmale. Und wie die beiden anderen genannten Bands haben sie sich in den letzten Jahren den sprichwörtlichen Allerwertesten aufgerissen und waren permanent international auf Tour. Und obwohl es innerhalb der Band seit 2012 gleich drei Umbesetzungen gab, hat das dem Erfolg der Band keinen Abbruch getan, ganz im Gegenteil, die gut geölte Maschine läuft seitdem nur noch runder, alle ziehen an einem Strang und die Band ist nicht aufzuhalten. Trotz enormem Konzert-Pensum haben wir in einer kurzen Pause zwischen den Festivals einen energiegeladenen und sehr gut gelaunten Fronter Joakim Broden am Telefon, bevor die Band dann Ende Juli zwei Festivals in Deutschland spielt.

XAVER: Hallo Joakim, wie geht’s denn so?

Joakim Broden: Danke der Nachfrage, mir geht’s richtig gut. Wir haben gerade eine kurze Festivalrunde gedreht, sind jetzt ein paar Tage daheim bevor es dann aufs Wochenende gleich wieder weiter geht.
X: Norwegen steht als nächstes auf dem Plan, richtig?

JB: Ja, genau. Und das wird eine ganz besondere Show. Wir spielen da weltexklusiv unser „Carolus Rex“-Album von 2012 am Stück. Das Album beschäftigt sich ja mit Karl XII. und das Festival findet an dem Ort statt, wo er starb. Und als ob das nicht schon Herausforderung genug wäre, führen wir die schwedische Version auf; das Album gibt es ja mit englischen und auch schwedischen Texten, und da ich die schwedischen nicht gar so oft live bringe, muss ich mir die schwedischen Texte wieder draufschaffen.

X: Vor ca. einem Monat habt Ihr Eure Tour in Nordamerika beendet. 26 Shows habt Ihr gespielt und wenn man sich die Bilder auf Eurer Homepage und in den sozialen Netzwerken so anschaut, ist es sehr gut gelaufen, oder!?

JB: Ja, das kann man wohl sagen.
X: Es gibt nicht viele europäische Bands, die den Durchbruch in Amerika schaffen…

JB: Ja, das hängt aber vor allem auch damit zusammen, dass das Land so riesig ist. Ich weiß gar nicht mehr genau, wie oft wir schon in den Staaten unterwegs waren, aber ich habe 2008 einmal ausgerechnet, dass ich damals schon ca. ein Jahr meines Lebens dort auf Tour verbracht habe. Sonst bekommt man da auch keinen Fuß auf den Boden, eine einwöchige Tour bringt da gar nichts, da muss man schon mindestens vier Wochen einkalkulieren und dann regelmäßig wiederkommen.
X: Ah, ok. Und, gefällt’s Dir denn da?

JB: Doch schon, aber ich fühle mich eigentlich überall auf der Welt wohl! (lacht)
X: Das kann nur von Vorteil sein in Deinem Beruf!

JB: Wohl wahr. Hinzu kommt, dass die amerikanische Metalszene ganz anders ist, als die in Europa. Hier in Europa gibt es eine über Jahrzehnte gewachsene Festival-Szene, das ist in den USA noch fast ganz unbekannt. Mit Wacken, Summer Breeze, Hellfest, Download und wie die ganzen großen Festivals in Europa alle heißen, hat man als Band die Möglichkeit sehr schnell große Fanmengen zu erreichen – so einfach ist das in den USA leider nicht. Aus dieser Perspektive betrachtet ist Europa also verdammt cool!
X: Was meinst Du, warum ist das in den USA so anders als in Europa?

JB: Schwer zu sagen. Ich glaube, es hat auch damit zu tun, dass Metal da noch nicht so lange so groß ist. Wir haben im letzten Herbst z.B. das Kentucky Rock & Barbecue-Festival gespielt. Da spielte Musik eine recht untergeordnete Rolle und es haben auch jede Menge Country- und Folk-Acts gespielt; vor allem ging es aber um an die 400 Restaurants, die da ihre Grillkünste präsentiert haben!
X: Und hat sich mit dem neuen Präsidenten spürbar etwas geändert?

JB: (überlegt, zögert) Nein, eigentlich nicht. Ist alles wie immer, zumindest haben wir nichts Seltsames erlebt. Das einzige, was uns aufgefallen ist, ist dass die Visum-Abwicklung wesentlich länger gedauert hat.
X: Was habt Ihr denn mittlerweile für einen Status in den Staaten? Wie viele Leute kommen im Schnitt zu einer Show?

JB: Ohhh, das ist deutlich anders als in Europa. Wenn wir in den Staaten eine gute Show haben, dann kommen ca. 2.000 Leute – in Europa spielen wir eher so vor 10 – 12.000 Leuten. Man muss aber auch sehen, dass wir in den Staaten ja fünf Jahre später angefangen haben zu touren…

X: Wenn man Euch auf der Bühne sieht, dann ist das eine sehr launige Veranstaltung, da steht das gemeinsame Feiern mit Euren Fans im Vordergrund und am Schluss haben alle ein seliges Lächeln im Gesicht. Ihr seid aber de facto sehr professionell und diszipliniert, Ihr trinkt z.B. keinen Alkohol vor der Show.

JB: Ja, und ich finde das schuldet man seinem Publikum auch. Die bezahlen gutes Geld um die Band zu sehen, und dann sollte die Band auch fit sein und abliefern und nicht betrunken rumtorkeln. Das hört sich jetzt aber vielleicht strenger an, als es ist, wenn wir beim Essen vor der Show ein Bier hingestellt bekommen, dann ist das gar kein Problem. Und nach der Show wird natürlich gefeiert, aber auch da sind wir professionell genug und wir sind uns bewusst, dass wir auf Tour sind und am nächsten Tag wieder eine Show auf dem Plan steht, wo wir die Fans begeistern und nicht enttäuschen wollen.

X: Hast Du auf Tour besondere Rhythmen, stehst Du vielleicht früh auf oder trainierst Du regelmäßig?

JB: Also ich mach jeden Tag Sport, aber das muss nicht unbedingt heißen, dass ich in ein Studio gehe und an Geräten trainiere. Manchmal laufe ich auch oder suche mir etwas anderes außerhalb der Halle. Ansonsten versuche ich nicht zu früh aufzustehen, nicht weil ich jetzt ein sonderlicher Langschläfer wäre, aber ich weiß ja, dass der Tag lang werden wird, wenn ich also zu früh aufstehe, bin ich später nicht mehr fit.
X: Und wenn Du nicht auf Tour bist, hast Du da dann ähnliche Rhythmen?

JB: Naja, sagen wir’s mal so, wenn es nicht sein muss, stehe ich auch da nicht unbedingt um halb sieben auf, wenn es sich vermeiden lässt! (lacht) Ich schlafe aber auch nicht ewig, sonst bekommt man ja irgendwie auch nichts mehr geschafft. Und nach der US-Tour letztens habe ich erst mal einen ganzen Tag geschlafen um den Jetlag wieder los zu werden.
X: Klar, man muss irgendwie wieder in den Normal-Modus wechseln.

JB: Ja, von wegen. (lacht) Wir sind so viel unterwegs, da gibt’s gar keinen verdammten Normal-Modus mehr! (lacht)

X: Ein Sabaton-Interview ohne die Militär- und/oder Kriegsthematik zumindest zu streifen scheint fast unmöglich. Das gehört ja fest zu Euch als Band. Wann habt Ihr dieses Gebiet für Euch entdeckt? Denn wenn ich recht informiert bin, war das ja auf Euren Demos noch gar nicht so zentral.

JB: Den Ursprung hatte das alles, als ich mit Pär (Sundström, Basser und Manager der Band, Anmerk. d. Verf.) zusammen am Text für den Song „Primo Victoria“ saßen. Die Musik stand, aber der Text fehlte. Es hatte so einen mächtigen Sound, da wollten wir ein entsprechendes Thema dazupacken und entschieden uns für den D-Day. Als wir also Nachforschungen dazu anstellten – wir wussten natürlich, dass er am 6. Juni 1944 war – und uns in das Thema reinarbeiteten, wurde es nur noch interessanter. Da waren Leute aus aller Herren Länder, die da ihr Leben riskiert haben. So viele Geschichten, so viel Geschichte – warum sollte man sich was Neues ausdenken, wenn es da so viel zu erzählen gibt!? An sich wollten wir uns erst mal nur auf einem Album damit beschäftigen, aber vorher waren die Texte eher so ein notwendiges Übel und plötzlich war das alles so viel interessanter. Und ganz offensichtlich kam das auch bei den Leuten sehr gut an…
X: Mittlerweile habt Ihr ja eine ganze Menge an Alben veröffentlicht, Ihr habt aber keine Angst, dass Euch irgendwann die Kriege/Konflikte ausgehen?

JB: (lacht) Nein, wirklich nicht, so viele Alben können wir gar nicht machen, dass uns da das Material irgendwann ausgehen könnte – selbst wenn die Menschen sofort aufhören würden sich gegenseitig zu bekriegen! Wir spüren eher Druck in Sachen der Qualität, denn wir wollen uns ja konstant verbessern und das wird natürlich nicht einfacher mit der Zeit. Wenn jemand Sabaton zum ersten Mal hört, und nichts damit anfangen kann, dann ist mir das ziemlich egal. Wenn aber ein Fan von uns das neue Album nicht mag, dann habe ich ein Problem. Denn das ist das allerletzte, was wir wollen, unsere Fans enttäuschen!

X: Kürzlich habt Ihr auch die Zusammenarbeit mit dem Online-Computerspiel „World of Tanks“ bekannt gegeben. Da kann man jetzt also zu Eurer Musik mit dem Panzer übers Schlachtfeld brettern. Spielst Du selbst Videospiele?

JB: Ich habe heute nicht mehr so viel Zeit für Videospiele wie früher, aber ich spiele schon noch regelmäßig, gerade auf Tour. Da gibt es immer diese zwei Stunden vor der Show, also nach dem Soundcheck, den gelegentlichen Interviews und dem Essen. In der überschaubaren Zeit lohnt es sich kaum noch irgendwo hinzufahren und sich die Stadt anzuschauen oder ähnliches, da spiele ich also gerne mal Videospiele. Und ich bevorzuge schon spiele, die sich an den historischen Geschehnissen orientieren, was aber von einem Geschichts-Nerd nicht wirklich überraschend ist! (lacht)
X: In zwei Stunden könnte man ja auch ganz gemütlich einen Film schauen. Hast Du da im Bereich Kriegsfilme bestimmte Favoriten?

JB: Ja, natürlich. Da gibt es eine Menge toller Filme, aber besonders gut finde ich eine HBO-Miniserie, die sich noch deutlich von anderen guten absetzt: The Pacific. Das ist meiner Meinung nach die perfekte Kombination aus Hollywood und geschichtlichen Fakten! Bis auf die ein oder andere übertriebene Explosion ist das sehr nah an der Wahrheit. Es gibt ja eine Menge toller Holllywood-Filme, keine Frage; so was schaue ich auch gerne mal. Aber mit den existierenden, wahren Geschichten könnte man so viele tolle Filme machen, man müsste gar nichts Neues erfinden!
X: Mich hat damals die erste halbe Stunde von „Der Soldat James Ryan“ total fertig gemacht. Die verzichtete ja ganz auf Filmmusik und arbeitete nur mit den Geräuschen vom Schlachtfeld…

JB: Ja, das vergisst man nicht; da war auch die Kameraführung herausragend, man war wirklich mittendrin im Geschehen.
X: Da kann man sich nur glücklich schätzen, dass wir einer Generation angehören, die sowas nicht selbst erleben muss.

JB: Ja, klar.

X: Euer Bassist Pär ist auch gleichzeitig der Manager der Band. Das hat man auch nicht so oft, hat sich das einfach so ergeben, oder wie kam es dazu?

JB: Das ist mit den Jahren gewachsen. Als wir damals angefangen haben, hatten wir nicht wirklich einen Plan oder ein Konzept, nach dem wir vorgegangen sind. Das mit der Thematik und den Camouflage-Klamotten kam erst später. Und die Aufgaben innerhalb der Band haben sich auch erst nach und nach verteilt. Ich habe mich stark um die Musik gekümmert und auch als erster eine Firma gegründet. Pär war so um 2005 herum Vorarbeiter in einer Firma und hat sich da wohl viel Hintergrundwissen draufgepackt. Als die Band dann größer wurde, konnte er dieses Wissen sehr gut einbringen und war somit die Optimalbesetzung. Wir hatten vorher immer wieder mal Leute, die uns auf Kommissionsbasis managen wollten, aber die wollten bestimmte Sachen dann halt auch nicht machen, wie z.B. die Fanpost sondieren und beantworten, denn das bedeutete mehr Arbeit aber kein Mehreinkommen.
X: Managt Pär denn noch andere Bands?

JB: Nein, das würde auch zeitlich kaum hinhauen. Aber wir beide helfen hier und da jungen Bands, die neu im Business sind und schauen uns beispielsweise Platten-Verträge an, die ihnen angeboten wurden und sagen unsere Meinung dazu. Aber ansonsten sind wir mit Sabaton wirklich ganz gut ausgelastet! (lacht)

X: Ihr seid ja auch abseits Eurer Band aktiv und organisiert sowohl regelmäßig eine eigene Kreuzfahrt als auch ein großes Festival, dass dieses Jahr bereits zum zehnten Mal stattfindet. Ich weiß nichts über Deinen Musikgeschmack abseits der Band, wenn Du aber Dein Traumfestival-LineUp zusammenstellen könntest, wer würde da dann spielen?

JB: Da würden dann natürlich die ganzen Künstler und Bands spielen, die ich leider nie live gesehen habe. Von Elvis über Queen bis hin zu ABBA wäre da so einiges dabei!
X: Da wäre ich dann bitte auch gerne dabei, diese Legenden habe ich auch allesamt nicht live gesehen… Aber Du hast immerhin kürzlich eine andere Legende live erleben dürfen, beim österreichischen Nova Rock-Festival hat auch David Hasselhoff gespielt!

JB: (lacht schallend) Ja, das war natürlich der Knaller!


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