Parteiübergreifend cholerisch: Gernot Hassknecht
Der Schauspieler und Comedian Hans-Joachim Heist, geboren 1949, spielt seit 2009 in der heute-show im ZDF mit riesigem Erfolg den Choleriker Gernot Hassknecht. Bereits vor diesem Erfolg war er schon ein sehr bekanntes Gesicht auf deutschen Bühnen, im Fernsehen und Kino. Theaterstationen waren u.a. Marburg, Darmstadt, Frankfurt am Main, Krefeld/Mönchengladbach, Zürich und Mannheim. Er hat in über 70 Fernsehproduktionen mitgewirkt (u.a. „Tatort“, „SOKO Köln“, „Nikola“, „Die Camper“) und im Kino war er in „John Rabe“ und „Sushi in Suhl“ zu sehen. Als Butler James in „Dinner For One“ erhielt er 1999 den Fachmedienpreis in der Sparte Comedy. Die heute-show wurde mittlerweile viermal mit dem Deutschen Comedypreis ausgezeichnet, 2010 mit dem Adolf-Grimme- und dem Deutschen Fernsehpreis sowie 2012 mit dem Hanss-Joachim-Friedrich-Preis. Seit 2013 gibt es auch ein abendfüllendes Gernot Hassknecht-Bühnenprogramm und mit diesem gastiert Heist im Mai in Schwäbisch Gmünd. Vor ein paar Wochen hatten wir ihn am Telefon.
Hans-Joachim Heist: Ach, gerne, für Schwäbisch Gmünd tu ich doch alles!
HH: Nee, das war charmant. Aber das kann ja noch kommen, am 9. Mai weiß ich das dann!
HH: Heute bin ich zu Hause, habe einen freien Tag - oh wie schön!
HH: (lacht) Nicht nur, später spreche ich noch mit zwei Kollegen von Ihnen.
HH: Ach, das ist von den Monaten abgeleitet und auch nicht so ganz ernst zu nehmen. Manch einer braucht weniger Schritte. Dieses ganze Programm ist auch eine Parodie auf diese Chakka-Leute, die auf eine Bühne springen und einem verraten, wie man reich, schön und glücklich wird. Lebe Deinen Traum, träume nicht Dein Leben usw. Da gibt es ja Tausende von diesen Leuten, die sich damit schön die Taschen vollmachen. Und voll sind auch die Regale der Buchhandlungen mit Ratgeber-Bestsellern. Und mein Programm ist eben eine Parodie bzw. Persiflage in diese Richtung.
HH: (lacht schallend) Ehrlich? Das wusste ich nicht. Aber zwölf Eier, zwölf Schritte - das passt!
HH: Ja, da kann ich mich sogar sehr gut daran erinnern. Das war in Frankfurt-Höchst, im Neuen Theater. Wir hatten zwar ein paar Vorpremieren gemacht, um das Programm auszutesten, es war aber sehr spannend. Und das ändert sich ja ständig, wird aktualisiert. Hassknecht ist ja auch politisch, sehr politisch - nicht nur, aber auch. Und da tut sich ja ständig etwas.
HH: Die Idee Hassknecht auf die Bühne zu bringen stammt von mir. Einfach, weil ich seit gefühlten 30 Jahren mit Solostücken in Deutschland unterwegs bin, z.B. mit dem Kontrabass von Süskind. Und es war wieder an der Zeit ein Stück auf die Bühne zu bringen, und da kam mir die Idee mit Hassknecht. Es galt dann, etwas Überzeugungsarbeit bei den Leuten im Team der heute-show zu leisten, weil man Hassknecht eben nur über zwei, drei Minuten kannte. Mit meinen Bühnen-Erfahrungen ging es dann nur noch darum, ein gutes Konzept zu finden. Es war ja direkt klar, dass Hassknecht keine zwei Stunden am Stück cholerisch herumschreien wird. Das würden weder meine Stimme noch die Zuschauer durchhalten. Aber es war schon interessant zu sehen, wie das Publikum das aufnimmt. Die waren interessiert und neugierig, was der da zwei Stunden auf der Bühne machen wird - und zwar sowohl die Zuschauer als auch die Veranstalter. Hassknecht regt sich aber nicht nur über Politisches, sondern über alles auf. Natürlich über die Familie - wo kann man sich schon besser aufregen, als im Schoße der Familie!? Und dann die Mobilität, der Verkehr, das Auto. Im Auto regt man sich ja ganz automatisch auf, da können die Leute direkt mitfühlen. Nicht zu vergessen der Sport und natürlich die Ernährung. Wir zeigen mittels Multimedia Hassknechts ganz eigene Ernährungspyramide, laut derer 80 Prozent der Nahrung aus Material bestehen sollte, das früher mal ein Gesicht hatte. Der Mix ist uns aber wohl gut geglückt, das Programm kommt sehr gut an und ist fast immer ausverkauft. Seit 2013 läuft es und das sogar noch bis ins Frühjahr 2016.
HH: Höchstwahrscheinlich im Herbst 2016, ja.
HH: Genau, da wurde ich über meine Agentur angefragt. Vorgesehen war ich eigentlich für den Senior-Reporter, den dann aber ein Schauspielkollege bekommen hat. Ich habe beim Casting, und besonders bei den da geforderten Wutausbrüchen, aber wohl einen guten Eindruck hinterlassen, denn als Oliver Welke dann die Hassknecht-Figur ins Programm bringen wollte, hat man sich direkt an mich erinnert. Und es hieß wohl: „Wenn diese Rolle besetzt wird, dann nur mit Hans-Joachim Heist!“.
HH: Genau das sagt Hassknecht auf der Bühne. Man sollte seinen berechtigten Frust nicht in sich hineinfressen, man sollte sich über kleine Sachen gekonnt aufregen. Das allgemeine „Guten Tag“ ruhig mal gegen ein herzerfrischendes (wechselt in den Hassknecht-Modus, Anmerk. d. Verf.) „Was glotzt‘n du so blöd, du Penner?“ austauschen. Oder gehen sie in den Park, schreien sie Hundebesitzer an „Ey, du Arschloch, nimm gefälligst deinen Drecksköter an die Leine, und die Tretmiene, die er da eben abgeworfen hat, kannst du ihm direkt wieder in den Arsch stopfen!“
HH: Ich bin eigentlich von Natur aus schon relativ entspannt, bin kein Choleriker. Klar, ich kann schon mal aus mir rausgehen, ich kann lautstark meine Meinung äußern und auch sehr gut hitzige Debatten führen. Privat bin ich eher so ein Heinz Erhardt-Typ, so mit Schalk im Nacken.
HH: Das ist ganz unterschiedlich. Manche Leute erkennen mich, kucken dann aber nur und tuscheln vielleicht mit jemandem, aber trauen sich nicht mich anzusprechen. Manche kommen auf mich zu, sagen mir direkt: „Aber bitte nicht anschreien!“. Und dann gibt es noch die, die ganz begeistert sind mich zu treffen - das sind oft junge Leute, die ein Selfie mit mir machen wollen.
HH: Ja jaja, sehr gerne. Ich finde das großartig. Einer der Clubs hat sich sogar relativ früh gegründet, als die Hassknecht-Figur noch gar nicht so populär war.
HH: Als Bühnenschauspieler hatte ich da sogar schon eine Anfrage, die ich aber aus terminlichen Gründen ablehnen musste. Denn schon seit zehn Jahren möchte ich unbedingt den Frosch in „Die Fledermaus“ spielen. Das ist da ja die einzige Sprechrolle … Das wäre also die Wunschrolle am Theater, beim Fernsehen würde ich sehr gerne mal einen fiesen Mörder spielen.
HH: Ja, und das, obwohl ich die Größe an sich gar nicht habe. Ich bin mit 1,63 m relativ klein und für den Polizeidienst muss man glaube ich mindestens 1,66 m groß sein. Trotzdem habe ich im Fernsehen viele Polizisten gespielt.
HH: (lacht) Nein, da war ich wohl auch so plausibel genug.
HH: Stimmt genau, da war ich drei oder vier Jahre lang. Und die Treppe muss man sich erspielen, da muss man sich erst mal dran gewöhnen. Ich habe es geliebt in Schwäbisch Hall auf der Treppe!
HH: Das ist dann eben der Unterschied zwischen Hans-Joachim Heist und Gernot Hassknecht. Hassknecht ist garantiert parteiübergreifend. Er gehört keiner Partei an und von ihm bekommen alle ihr Fett ab.
HH: Die haben sich selbst politisch interessiert, aber wohl auch, weil bei uns zu Hause immer viel über Politik diskutiert wurde. Noch sind sie aber nicht so weit sich selbst politisch zu engagieren, aber das kann ja noch kommen, sie sind noch jung.
HH: Ich habe da durchaus auch finanzielle Durststrecken durchgemacht. Ich war ja jahrelang fest angestellt beim Theater, habe mich dann aber entschieden freiberuflich tätig zu sein, einfach weil immer mehr Fernsehangebote reinkamen. Ich bin froh, dass meine Frau mich da immer sehr unterstützt hat. Dann war ich eben mal eine Zeit lang zu Hause und habe mich um die Kinder gekümmert, während sie gearbeitet hat. Ich war damals einer der wenigen Männer, der die Kinder in den Kindergarten gebracht hat.
HH: Mein Bruder ist mittlerweile Rentner. Ich war an sich immer glücklich mit meinem Beruf und auch in harten Zeiten wusste ich im Grunde, dass es irgendwann und irgendwie weitergeht. Eine Zeit lang war ich sogar mit einem eigenen Kindertheater-Stück unterwegs an Schulen und Kindergärten; so habe ich mich finanziell über Wasser halten können und meine Grundexistenz war gesichert. Insofern hatte ich also auch nie den Gedanken, alles hinzuschmeißen und mir einen Bürojob zu suchen.
HH: Der Erstkontakt war in Form eines Buches. „Das große Heinz Erhardt-Buch“ stand im Bücherschrank meiner Eltern. Das habe ich für mich entdeckt und schnell das eine oder andere Gedicht auswendig gelernt. Und später habe ich natürlich auch seine Filme alle gesehen.
HH: Ich gehe etwas in mich, sammle und konzentriere mich. Und ich trinke ganz gerne ein Glas Weißwein-Schorle vor der Vorstellung.
HH: Ja, das Buch ist in Planung. Da gibt es bereits Anfragen von mehreren Verlagen. Es wird aber nicht vor 2016 herauskommen.