David Lynchs Tequila-Kracher: Biffy Clyro
Es gibt nur wenige “junge” Rockbands, die es in den letzten Jahren ganz nach oben in die Charts und auf die Headliner-Positionen der entsprechenden Festivals geschafft haben. Und die Schotten Biffy Clyro sind eine Band, der ihr „Erfolgsgeheimnis“ unleugbar aus allen Poren quillt: die schiere Leidenschaft und der Spaß an ihrer Musik. 1995 noch als deutlich vertracktere Progband an den Start gegangen, ist das Trio heute - ohne sich bis zur Unkenntlichkeit zu verbiegen – auch im Radio angekommen. Im Februar sind sie auf kurzer Deutschlandtour bevor sie dann im Sommer nochmal für Festivals (u.a. das Taubertal) vorbeischauen. XAVER hatte einen überaus gutgelaunten, humorkompatiblen und glücklichen James Johnston am Telefon. Und wer jahrelang dachte, dass er an sich ganz gut Englisch beherrscht, hat noch nie mit einem Schotten gesprochen!
James Johnston: Mir geht es richtig gut und ich bin seit ein paar Tagen wieder bei der Arbeit (lacht), sprich: wir haben unsere ersten Konzerte nach der Pause um die Feiertage gespielt. Und nein, ich bin ehrlich gesagt nicht allzu abergläubisch. Aber ich mag es auch nicht das Schicksal herauszufordern. Man sagt ja, dass man seines eigenen Glückes Schmied ist… Und ich kenne ein paar Leute, die richtig abergläubisch sind und bin froh, dass ich deren Probleme nicht habe.
JJ: Das klingt jetzt bestimmt irgendwie komisch, aber wir umarmen uns immer alle und wünschen uns alles Gute. Meistens gibt’s auch noch den ein oder anderen Tequila, quasi aus medizinischen Gründen, um das Herz auf Betriebstemperatur zu bringen. Ansonsten ziehen wir uns vorher ein bisschen zurück, sammeln uns und da passiert dann oft auch viel im Inneren. Der Puls geht hoch, man wird ein bisschen nervös usw.
JJ: Doch auf jeden Fall! Wir wollen immer eine gute Show spielen und hassen es Fehler zu machen. Manche sagen ja, wenn man nicht mehr aufgeregt ist, ist es einem egal; das würde ich so aber nicht unterschreiben, einfach weil das bei jedem anders ist mit der Nervosität. Unsere Shows werden immer größer und größer, und zumindest für uns ist es eben nach wie vor nichts Gewöhnliches vor fünf- oder zehntausend Leuten zu spielen.
JJ: Stimmt, und auch da waren wir richtig nervös vorher, einfach weil es diesen unmittelbaren Kontakt zu den Leuten gab, die nur wenige Schritte von uns entfernt waren, wir ihnen in die Augen kucken konnten und auch instrumental reduziert gespielt haben. Sonst gibt es eine riesige Anlage und die für die große Rockshow ausgelegten Arrangements, wie wir sie auf unseren Alben präsentieren. Was wir da gespielt haben, waren sehr „nackte“ Versionen, die den Urversionen ähneln, die unser Sänger beim Songwriting auf seiner Akustikgitarre schraddelt. Und dazu kam natürlich die ganz besondere Atmosphäre in einer Kirche.
JJ: (lacht) Wir haben da immer wieder darüber gesprochen, haben dann aber auch direkt angefangen über die Idee zu lachen, weil es einfach irgendwie zu „erwachsen“ klingt. Ich glaube wir fühlen uns noch zu jung für so ein Unplugged-Album. Aber wer weiß, wenn irgendwann die Knochen wehtun und die Stimme nicht mehr so stark ist… (lacht). Aber wir haben ja auf den Alben immer wieder mal Songs dabei, die in diese Richtung gehen… ganz abwegig ist es also nicht.
JJ: Da selbst wir ab und an schlafen müssen (lacht), haben wir natürlich Leute im Boot, die sich mit diesen Sachen beschäftigen. Die wunderbare Misty Buckley übernimmt da sehr viel für uns (arbeitet u.a. auch für Coldplay und Take That, einfach mal den Namen googeln und ihre Homepage bzw. ihr Portfolio anschauen – sehr beeindruckend! Anmerk. d. Verf.). Wir versuchen da immer die Grundideen des jeweiligen Albums wider zu spiegeln, bei der „Opposites“-Tour stand z.B. das Organische, der Baum, im Fokus. Mit dem neuen Album geht alles mehr in eine geometrische, architektonische Richtung, da findet man den moderneren Ansatz, der uns auch bei der Albumproduktion wichtig war, wieder. Wir sind zwar alles andere als eine Party-Band, aber auf so einem Level sollte man nicht schüchtern auftreten, sondern es ordentlich krachen lassen!
JJ: Da waren wir auf jeden Fall zu lange nicht mehr, es wird wirklich Zeit, dass wir da wieder spielen. Wir hatten da immer viel Spaß. Wir können uns aber eben auch nicht zerreißen und hoffen, dass die US-Fans geduldig sind…
JJ: Klar, es dürfte auch ziemlich schwierig sein zu dem Thema kein mulmiges Gefühl zu haben. Es gibt ganz offensichtlich eine Menge Leute, die sich diese Person als Präsident gewünscht haben – was ich nicht verstehen kann. Aber man muss sich da auch das Positive ins Gedächtnis rufen, es gibt nämlich auch verdammt viele Leute, die das ganz ähnlich sehen wie ich! Und so oder so, man muss einen Weg finden miteinander auszukommen. Aber es ist natürlich deprimierend, dass das Land so jemanden zum Präsidenten gemacht hat, und das sagt ja auch viel über den Zustand der Welt dieser Tage.
JJ: Beängstigend ist das Wort… aber lass uns doch wieder über schönere Sachen reden!
JJ: (lacht) Da hast Du absolut recht. Und das letzte Bandtattoo ist auch ziemlich groß geworden. Mal schauen, wie lange wir das noch so durchziehen können, bevor uns der Platz ausgeht!
JJ: Da ist schon etwas dran, Brüche im Lebensweg sind ja an sich nie leicht. Und es wäre auch sehr einfach und bequem gewesen wieder mit Garth Richardson ins Studio zu gehen und das Eisen weiter zu schmieden und „Opposites Teil 2 bzw. 3“ zu machen. Aber wir wollen uns eben auch immer wieder fordern, das schuldet man sich selbst irgendwie auch genauso wie seinen Fans. Das muss natürlich jede Band für sich entscheiden. Aber wir haben versucht alles zu vergessen, was wir vorher gemacht haben und den ganzen Prozess komplett anders anzugehen – was natürlich auch mit dem Produzenten Rich Costey zu tun hat. Das hat uns aber alle sehr motiviert und nach vorne gebracht.
JJ: Wow, ein sehr cooler und interessanter Gedanke. Man ist ja schon irgendwie in einer Art Blase, wenn man monatelang an einem neuen Album werkelt, es dann veröffentlicht und das Material dann auch live spielt. Mit entsprechendem Abstand verändert sich natürlich der Blick. Aber andererseits hören wir unsere eigenen Alben privat auch relativ selten. Man sollte aber generell mit sich im reinen sein, denn die Gegenwart ist nun mal unveränderlich; selbst wenn man etwas Vergangenes ändern möchte, geht das nicht – man sollte es also am besten direkt richtig machen um es später nicht zu bereuen!
JJ: Dunkle Momente gibt es ja immer wieder auf unseren Alben und somit auch auf dem neuen, ein komplettes Album in die Richtung stand aber nie zur Diskussion. Die von Dir angesprochenen Sachen haben wir als Motivation genommen, um uns herauszufordern und Neues zu wagen und unterm Strich ist es ein optimistisches Album geworden – und das ist gut so!
JJ: Naja, ich denke, das spiegelt unsere alberne Seite ein bisschen wieder… Wir haben lange an einem Intro für den Song gebastelt. Haben u.a. nachts den Sound von Feuerwerkskrachern aufgenommen. Am Ende haben wir uns dann aber dafür entschieden, es eben so zu machen – mag auch damit zu tun haben, dass wir an dem Abend in L.A. ganz besonders tolles Marihuana am Start hatten (lacht).
JJ: Ja, genau.
JJ: (bekommt sich vor Lachen gar nicht mehr ein) Wie cool, dass Du die Story ansprichst! Die habe ich natürlich auch schon von ihm gehört, aber wenn er die schon so lange erzählt, ist vielleicht wirklich was dran!
JJ: (lacht) Mist, Du Fuchs, jetzt hast Du mich erwischt. Ich hatte zwar früher schon hier und da mal einen Kontrabass in der Hand, aber es gibt – zumindest für mich – kaum etwas Schwierigeres auf der Welt. Ich habe im Video also nur so getan als ob und hatte vorher ungefähr eine halbe Stunde um mich daran zu gewöhnen und damit es wenigstens halbwegs glaubhaft aussieht, so als ob ich das könnte. Ich habe da schon Lust drauf und werde das in der Zukunft nochmal angehen, aber meine Hände sind irgendwie zu klein. Vielleicht sollte ich es mit einer kleinen Leiter probieren? (lacht)
JJ: Treffer! Uns gefällt seit Jahren das Mysteriöse und Unkalkulierbare in seiner Arbeit. Der Clip ist also auf jeden Fall eine Hommage an den Meister und so was von surreal geworden. Besonders auch Simons Tanzeinlagen… wir sind so stolz auf ihn! (lacht)
JJ: Das ist richtig. ZZC heißt das Projekt. Es ist ein ganz tolles und aufregendes Album geworden, das die Leute auf jeden Fall überraschen wird. Bis auf die bekannte, wunderschöne Stimme hat es nämlich so gut wie gar nichts mit Biffy zu tun, hat viel Cineastisches und man wird keine einzige Gitarre darauf hören!